„Zu
unseren Gunsten konnten wir einwandfrei feststellen,, daß bei unserem Gegner
die Organisation der Verteidigung und der Ausbau der Stellungen noch lange
nicht so weit fortgeschritten war wie bei uns. Dies ist leicht erklärlich, wenn
wir bedenken, daß diese erst vor kurzer Zeit vor unserer Siegfriedstellung
angelangt waren und hinter sich einen 30 Kilometer breiten Streifen vollständig
zerstörten Gebietes liegen hatten. Ihr gesamter Nachschub an Material,
Verpflegung und Munition war somit außerordentlich erschwert und behinderte
dadurch ihre Arbeiten wesentlich. Im allgemeinen hatten sie sich bis jetzt zwei
Linien geschaffen, die in einer Durchschnittsentfernung von 400 – 600 Meter vor
unserer Vor-Stellung lagen. Sie lehnten sich gegenüber unserem Unterabschnitt
an den Ostrand des Dorfes Gonnelieu an und wandten sich von dort nach
Überquerung der großen Straße Gouzeaucourt – Le Pavé in großem Bogen um die
Ortschaften Gouzeaucourt und Villers-Plouich herum nach Nordwesten. Selbstverständlich
gab sich der Engländer mit einem so einfachen Grabensystem auf die Dauer nicht
zufrieden, sondern entfaltete mit seinen zahlreichen Arbeitstruppen eine emsige
Bautätigkeit. Daß die Arbeiten bei ihm um so rascher voranschreiten würden, je
weniger sie unter der Gefechtstätigkeit zu leiden hatten, lag auf der Hand und
führte dazu, daß der Engländer zunächst alles vermied, was ihre Steigerung zur
Folge haben konnte. Für uns aber ergab sich hieraus unsere eigentliche
Kampfaufgabe; wir mußten in Ausnützung unseres Vorsprungs im Stellungsbau mit
allen Mitteln versuchen, die Arbeiten unserer Gegner zu erschweren. Es konnte
die jedoch nicht durchweg in der gewünschten Weise erfolgen, denn einerseits
mußte auf unsere sehr ruhebedürftige Infanterie, die durch ein solches
Verhalten ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurde wäre, Rücksicht genom-men
werden, andererseits fehlte uns die hierzu erforderliche starke Artillerie mit
der nötigen Munition. Doch wurde das möglichste getan; durch allnächtliche
Patrouillen-gänge wurde der Gegner beunruhigt. Die Abschnitte, in denen
Neubauten erkannt waren, wurden tagsüber mit beobachtetem Wirkungsfeuer belegt
und des Nachts mit überraschenden Feuerüberfällen bedacht. Häufiger Gasbeschuß
der Ortschaften Gouzeaucourt und Gonnelieu und Fernfeuer auf die rückwärtigen
Etappenstraßen war dazu angetan, den feindlichen Truppenverkehr zu stören.
Unsere Flieger bemühten sich in täglichen Erkundungsflügen, die weit n das
feindliche Hintergelände führten, unsere Führung über die Arbeiten unserer
Gegner auf dem laufenden zu halten und durch Bombenabwürfe und Angriffe mit dem
Maschinengewehr den Eisenbahn- und den Kolonnenverkehr zu erschweren.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Wilhelm, König von Preußen“ (2. Württemb.) Nr.
120 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1922
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