„Die
schwere Arbeit, in ungeheuren Strapazen, in nervenzerreibendem Wachtdienst,
schlechter Unterkunft, mangelhafter Ernährung, andauerndem Feuer und jedem
Mangel an Ruhe war die Kraft des zähen Regiments langsam verzehrt worden. Darm-
und Magenkrankheiten lichteten die Reihen. Mit bewundernswerter Willensenergie
zwangen sich die Leute zum Aushalten; aber sie waren nur noch Schatten, hager,
bleich, vergrämt, Uniformen und Stiefel zerschlissen und schäbig. Es war
höchste Zeit, daß das Regiment vom 19. auf 22. Juli durch das Res.-Regiment 121
abgelöst wurde und in Ruhe nach Aubencheuil au Bac, Oisy le Verger und Aubigny
au Bac kam.
Tiefer
Friede nahm die übermüdete Truppe auf. Freundlich sah Oisy le Verger von seiner
Höhe, auf der der hübsche schlanke Kirchturm in den blauen Sommerhimmel stach,
weithin über die Ebene, in der sich zwischen grünen Wiesen und schattigen
Baumgruppen liebliche Seen im Wind kräuselten, die bald der Tummelplatz
zahlloser Badender wurden. Die Dörfer waren noch von ihren Einwohnern bewohnt;
nach langer Zeit sahen die Schützengrabenmenschen wieder Zivilisten und
empfanden mit neuem Staunen, daß es immer noch Nichtuniformierte, daß es vor
allem Kinder, Mädchen und Frauen gab. Und mancher Gedanke flog von den
zierlichen, geputzten Französinnen zur Heimat, zu Weib und Kind und zum
schwäbischen Schatz. Als die erste Müdigkeit überwunden war, erwachte die Lust
zu Spiel und Sport. Schwimmfeste mit allem Brimborium schwäbischen Humors und
Witzes wurden in den klaren Fluten des Sees veranstaltet und erregten viel
Heiterkeit.
Aber
die Ruhe war nur kurz und unvollkommen. Bald wurden wieder Übungen befohlen und
Kompagnien zum Schanzen vorgezogen. Und noch einmal warf das Schicksal das
Regiment in den Feuerwirbel von Bullecourt. Vom 2. – 4. August löste es das
Inf.-Reg. 180 ab und das alte Elend begann wieder.“
aus: „Das Württembergische
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920
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