Sonntag, 15. Oktober 2017

15. Oktober 1917


„Im Mittelgebirge der Vogesen hatten Ausrüstung und Ausbildung für die bevorste-hende neue große Aufgabe begonnen, hier am Fuße der Hochalpen wurden die äußer-lichen und innerlichen Vorbereitungen zum Gelingen des gewaltigen Vorhabens mit dem größten Eifer fortgesetzt. Es war noch viel zu tun.
Was wir zur Vervollständigung unserer Gebirgsausstattung nicht mehr selbst beschaffen konnten, stellten uns die Österreicher leihweise aus ihren großen Vorräten zur Verfü-gung, so Gebirgsstöcke und Gebirgskaretten. Die Karetten waren zweiräderige Wägel-chen mit Doppeldeichsel für ein Pferd, stark gebaut, leicht beweglich, auch auf schma-len Pfaden verwendbar, sie dienten zur Fortschaffung allen möglichen Geräts, vornehm-lich der schweren und leichten Maschinengewehre. Leihweise erhielten wir von unseren Bundesgenossen auch prächtige Tragetierchen und Maulesel, deren Leistungsfähigkeit wir in Serbien schon schätzen gelernt hatten. Leider war ihre Zahl nicht hinreichend, so daß auch leichtere Pferde unserer Bestände in die Tragtierkolonne eingereiht werden mußten.
Gleichzeitig mit den Tieren wurden hölzerne, gut gepolsterte Tragsättel geliefert als Unterlage für die Lasten, ferner Kochkisten und Tragekörbe zur Aufnahme von Gepäck aller Art, wie Lebensmittel, Munition, Handgranaten, Leuchtsignale. Bedauerlich war, daß mit den Tragtieren nicht zugleich Führer, wie seinerzeit in Serbien, überwiesen werden konnten. Unbedingtes Erfordernis war es daher, daß wir uns selbst eingehend mit der Behandlung der Tragtiere, deren Sattelung und Beladung vertraut machten. Dankbar wurde es begrüßt, daß der K. u. K. österreichische Oberleutnant Sakoli auf einige Tage zum Regiment kommandiert wurde, um uns aus dem Born seiner reichen Erfahrungen hierin zu unterweisen. Er verstand es ausgezeichnet, durch frische, mit Humor gewürzte Vorträge und praktische Vorführungen uns Verständnis für die Wich-tigkeit dieses Dienstes und für dessen zweckentsprechende Handhabung beizubringen. Druckschäden waren sehr gefürchtet, sie entstanden leicht, heilten aber sehr schwer. Gedrückte Tiere fielen der Truppe aus, die ihnen anvertraute Last ging ihr verloren.
Sehr viel Kopfzerbrechen machte die Einteilung des Trosses. Reiflich mußte erwogen werden, was zurückgelassen werden konnte und was unbedingt bei der Truppe mitge-nommen werden mußte. Wir waren uns klar, daß wir in nächster Zeit lediglich auf die Tragetiere und Gefechtsbagage angewiesen sein würden. Für die Bedürfnisse der Truppe in Ruhe durfte demnach nur das Allernotwendigste mitgeführt werden, eine Überlastung der Tragetiere konnte die rechtzeitige Zufuhr von Munition und Sanitätsausrüstung gefährden. Viel war schon vom Elsaß aus dem Ersatzbataillon zugeführt worden, viel mußte noch hier bei Klagenfurt abgestellt werden. Jedes Bataillon verfügte über etwa 60 Tragetiere, einem besonderen Führer unterstellt, der verantwortlich dafür zu sorgen hatte, daß beim Eintritt in ein Gefecht sofort Maschinengewehre mit Munition bereit waren und daß der Nachschub keine Stockung erlitt.
Kompagnien und Bataillone übten in voller Gebirgsausrüstung mit vollständig belade-nem Troß, um noch Erfahrungen zu sammeln und um Führer wie Mann mit den besonderen Eigentümlichkeiten der Märsche und Kämpfe im Hochgebirgsland vertraut zu machen. Die Anforderungen wurden nach und nach gesteigert, schließlich wurden steile Hänge mit Marschgepäck erklommen. Lust und Liebe zu der dankbaren Aufgabe, die uns bevorstand, ließ alle Anstrengungen leicht ertragen. Zur Besteigung schwieriger Berggipfel unter Führung von Offizieren meldeten sich eine Anzahl Leute freiwillig.

Die Bevölkerung zeigte sich überall entgegenkommend und tat, was in ihren Kräften stand, um uns den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Die Hauptstadt Kärntens ging mit gutem Beispiel in freudiger Begrüßung und gastlicher Aufnahme der deutschen Bundesbrüder allen voran. Die rührige Stadtverwaltung veranstaltete unter anderem für Angehörige der Division, Offiziere wie Mannschaften, eine Rundfahrt auf dem dicht vor den Toren der Stadt gelegenen, vom Gebirge rings umrahmten Wörther See, dessen begeisterter Sänger, Thomas Koschat, hier in der Nähe auch seine Grab-stätte gefunden hat.“

aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr. 125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923

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