„Schon
nach dem ersten Angriffstage war die italienische Front an zahlreichen Stellen
zerschlagen. Als die rechte Kolonne des Gebirgs-Bataillons in der Frühe des 25.
Oktober auf steilen Pfaden von Foni zur Höhe 1114 strebte, befand sich das
Isonzotal überall in den Händen der Verbündeten. Flitsch war genommen und aus
Karfeit quollen dicke Massen von vorgehenden Truppen. Um den schneebedeckten
Krn hatte sich eine eiserne Klammer gelegt, der kein Italiener mehr entrinnen
sollte. Der Gegner wankte unter dem ungeheuren Schlag; es galt nun, die
errungenen Vorteile in rücksichtslosem Draufgehen weiter auszunützen.
Der
Kampf ging um die zweite durchgehende Verteidigungsstellung der Italiener, die
sich, mit der Front gegen das Isonzotal, wohl ausgebaut auf dem Höhenzug des
Kolowratrückens von Höhe 1114 – Höhe 1110 – Höhe 1125 – Höhe 1185 zum
beherr-schenden Monte Kuk, Höhe 1245, hinzog.
Das
Leib-Regiment war am Abend des Angriffstages vor dem nördlichen Schulterpunkt
dieser Stellung auf hartnäckigen Widerstand gestoßen, so daß an ein
Vorwärtskommen zunächst nicht zu denken war. Die Leiber mußten sich sogar
entschließen, das gleich-zeitig auf die Werke um Höhe 1114 angesetzte, weiter
südlich kämpfende bayerische Jäger-Regiment Nr. 2 durch Angriff in südöstlicher
Richtung zu entlasten.
Unterdessen
stieg das Gebirgs-Bataillon zu Höhe 1114 an und war am 25. morgens 6 Uhr rechts
vom Leib-Regiment aufgeschlossen. Die glänzend ausgebauten italienischen
Stellungen, die bis zum Kuk mit allen Einzelheiten deutlich zu sehen waren,
verhießen schwere Arbeit; sie schienen jedem Angriff Trotz bieten zu können.
Während
Oberleutnant Rommel mit 2. und 3. Kompagnie und 1. Maschinengewehr-kompagnie am
nördlichen Steilhang des Kolowratrückens gedeckt vorgeht, um gegen Monte Kuk
aufzuklären, ist die Aufmerksamkeit des Gegners ganz auf den Kampf um Höhe
1114, auf den Angriff von Osten gerichtet. An eine Gefahr aus dem Isonzotal
scheint er augenblicklich nicht zu denken. So kommt es, daß die vorfühlenden
Streifab-teilungen des Oberleutnants Rommel überraschend und unbehelligt in die
italienischen Werke zwischen Höhe 1185 und 1125 gelangen. Die Kompagnien rücken
alsbald nach und der Italiener merkt den Feind erst, als er
bereits an den schweren Geschützen steht. Im Handgemenge fällt Vizefeldwebel
Kneile und Gefreiter Kiefner. Nun ist der gegnerische Widerstand aussichtslos,
jede Regung dazu wird im Keim erstickt. Die Kukstellung ist durchbrochen. Das
ganze Gebirgs-Bataillon und dichtauf das II. Bataillon des Leib-Regiments folgt
alsbald auf dem weg des Oberleutnants Rommel, der bereits den Vormarsch gegen
Ravna fortgesetzt hat. Die Verteidiger des Kuk, den Angriff von Norden
erwartend, sehen jetzt den Gegner in ihrem Rücken auftauchen; 1000 Mann der
Brigade Arno, die Gipfelbesatzung, ergeben sich dem kühnen Angreifer; der
stolze, uneinnehmbar scheinende Kuk ist gefallen.
Aber
den Schwaben genügt dieser Erfolg nicht. Auf der im Krieg gebauten prächtigen
Höhenstraße gegen Ravna erfolgt sofort ein weiterer Vorstoß. Das Artilleriefeuer
wird jetzt nach Luico, dem Eingang ins Savognatal, gelenkt, den der Feind seit
24 Stunden hartnäckig gegen die 12. preußische Infanteriedivision verteidigt.
Als Schwaben und Bayern im Rücken der gegen Norden kämpfenden Italiener
auftauchen, bricht in Luico eine fürchterliche Panik aus. In voller Auflösung
sucht der Feind im Tal nach Savogna oder auf der Höhe gegen Monte Matajur zu
fliehen. Was gegen Savogna flüchtet, wird von den Leuten der Abteilung Rommel
bei der Weggabel von Polava abgefangen, was zur Höhe gegen den Matajur zu
entkommen versucht, gerät in das Feuer der jetzt am Kuk aufgestellten
Maschinengewehre. Die talwärts führende Straße ist übersät mit Kriegsmaterial;
zusammengeschossene Batterien, Menschen, Pferde, Protzen und Geschütze liegen haufenweise
beieinander. Die Hälfte der 4. Bersaglieri-Brigade mit Oberst, Oberstleutnant
und 30 Offizieren, sowie unübersehbaren Mengen von Kriegs-beute aller Art fallen
in die Hände der Sieger.“
aus: „Schwäbische Kunde aus dem großen
Krieg“, 4. Buch, Stuttgart 1921
Bild und Skizze aus:
„Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933
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