„Die
26. Division war am Abend des 26. Oktober mit dem Regiment 125 zwischen der
200. und 5. Inf.-Division in die vorderste Gefechtslinie eingerückt. Dem
Eindringen in Cividale und damit dem Austritt aus den Bergen in die Ebene
Friauls legte sich noch der stark befestigte und stark besetzte Monte
Purgessimo vor.
Ein
Befehl der Brigade, der erst am 27. Oktober, 12.50 Uhr vormittags an die
Bataillone ausgegeben werden konnte, sah das Unterlaufen der das Natisone-Tal
beherrschenden Höhen im ersten Morgengrauen vor. Dieser Befehl hatte das II.
Bataillon nicht erreicht, die Befehlsüberbringer hatten sich in der Dunkelheit
verlaufen. Der Regimentskom-mandeur traf das II. Bataillon gegen 4 Uhr morgens
noch im Biwak. Die anderen Batail-lone, teilweise alarmiert, brauchten mit ihren
marschübermüdeten, nicht hinreichend ausgeruhten Leuten in der düsteren Nacht
auch länger bis zum Sammelplatz (bei Merso di sp.) als sie berechnet hatten.
So
gelangte das immerhin bedenkliche Unterfangen, mit starkem Feind im Rücken, der
von den nachfolgenden Truppen nicht sogleich angefaßt werden konnte, gegen
Cividale vorzurücken, nicht zur Ausführung.
7.30
Uhr vormittags trat das Regiment – Reihenfolge II., I,. III. Gebirgsbatterie –
den Vormarsch von Merso die sp. auf Azzida an. Bald nach dem Durchschreiten von
Scrutto wurde die Marschstraße mit Schrapnells belegt. Das Regiment suchte sich
diesem Feuer dadurch zu entziehen, daß es den Erbezzo durchwatete und sich an
die Hänge südlich des Erbezzo anschmiegte. Die Batterie hatte um diese Zeit die
Cosizza noch nicht überwunden.
Die
Aufgabe des Regiments bestand nunmehr in der Erstürmung des Monte Purgessimo
bezw. in der Wegnahme der nach und nach als besetzt erkannten Linie Monte
Purges-simo – Castel del Monte.
Die
6. und 7. Kompagnie gelangten zunächst südlich des Erbezzo an den Nordosthängen
des Purgessimo ungefähr bis in die Höhe des Ostrandes von Merso die sp. Von
hier zog sich eine flache Talsohle südlich Azzida zu beiden Seiten des Erbezzo
nach dem Natisone hin, welche die Italiener konzentrisch vom Monte Purgessimo
und der Bergnase nordwestlich Castel del Monte unter Artillerie- und
Maschinengewehrfeuer nahmen. Auch ein gedecktes Vorkommen im Bachgrund war
ausgeschlossen. Aufgelöst in einzelne Trupps arbeiteten sich die 6. und 7.
Kompagnie mühsam an den bewaldeten Hängen südlich der Talsohle bis in die Höhe
von Punkt 445 vor und eröffneten hier das Feuer 10.30 Uhr vormittags, da ein
weiteres Vorwärtskommen an den nunmehr unbe-waldeten Hängen infolge zahlreicher
Maschinengewehre in der Linie Monte Purgessimo – Castel Purgessimo unmöglich
war.
Vizefeldwebel
Pfaff der 6. Kompagnie hatte von seinem Kompagnieführer mit 2 Unter-offizieren
und 10 Mann den Auftrag erhalten, die nächstgelegenen Maschinengewehre
unbrauchbar zu machen. Er klettert den Hang hinauf und stößt auf eine stark
besetzte feindliche Stellung, die mit Hurra gestürmt wird. 40 Gefangene und
einige Maschinen-gewehre sind der Lohn. Doch der Feind erkennt die Schwäche der
Abteilung Pfaff, macht mit etwa 1½ Kompagnien einen Gegenstoß und zwingt Pfaff
zum Ausweichen.
11.30
Uhr vormittags war es dem Offizierstellvertreter Pfeiffer der 7. Kompagnie
gelun-gen, mit seinem Zuge eine Felshöhe dicht südlich der 6. und 7. Kompagnie
zu besetzen, von wo aus er besonders wirksames Feuer auf die Besatzungen des
Castel Purgessimo abzugeben in der Lage war.
Inzwischen
waren die 5. und 8. Kompagnie an den Punkt a gelangt und hatten sich an den
Hängen südwestlich a entwickelt. Des I. und III. Bataillon hatten sich unter
Aus-nützung aller vorhandenen Deckungen entfaltet und waren näher an die 5. und
8. Kom-pagnie herangerückt; Regimentsstab beim I. Bataillon.
Der
Kommandeur des II. Bataillons, Major von Schnizer, befand sich bei seinen
vor-dersten Kompagnien. Der Meldegänger, welcher von ihm entsandt das Regiment und
die 5. und 8. Kompagnie orientieren sollte, wurde schwer verwundet. So kam es,
daß sowohl die Verbindung mit dem Regiment wie mit der 5. und 8. Kompagnie für
längere Zeit verloren ging. Erst gegen 1 Uhr nachmittags brachte eine
schriftliche Meldung von vorn sowie ein mündlicher Bericht des vom
Regimentskommandeur nach vorn gesand-ten Leutnants d. R. Neuweiler einige
Klarheit über die Lage bei der 6. und 7. Kompag-nie sowie über die Besetzung der
italienischen Stellung.
Daraufhin
ließ der Regimentskommandeur 1.30 Uhr nachmittags nach Rücksprache mit einem
zufällig in Merso di sp. anwesenden höheren österreichischen Artillerieoffizier
das Feuer der Batterie Rein und einiger anderer erreichbarer österreichischer
Geschütze auf die Purgessimo-Stellung lenken und befahl den Angriff, mit dem
II. Bataillon (von Schnizer) rechts gegen Castel Purgessimo, mit dem I.
Bataillon (Hug) linksgegen Punkt 445. Das III. Bataillon behielt er zu seiner
Verfügung.
Das
Artilleriefeuer lag gut. Während desselben gelang es dem Zug Wendel der 7.
Komp., um den Purgessimo herum nördlich des Dorfes Purgessimo in den Rücken des
Feindes zu gelangen. Diese Rückenbedrohung, unterstützt von Teilen des Württ.
Ge-birgsbataillons vom westlichen Natisone-Ufer aus, sowie unser wirksames
Artillerie- und Infanteriefeuer machten sich in einer nervösen Unruhe des
Feindes bemerkbar, was den Major von Schnizer veranlaßte, die 6. und 7.
Kompagnie anzuweisen, die feindliche Stellung auf dem Felsplateau anzugreifen
und gegen Castel Purgessimo aufzurollen. Es gelingt. Der Angriffsbefehl des
Regiments ist durchgeführt, noch ehe er den Major von Schnizer erreicht hat.
Die Kompagnien gewinnen 2.45 Uhr nachmittags das Dorf Purgessimo unter
Gefangennahme von 15 Offizieren, 600 Mann. Westlich Dorf Purges-simo wird gesammelt
und der Vormarsch auf Cividale fortgesetzt.-
Bei
der Kapelle an der Straße nach Carraria stößt das Halbbataillon (6. und 7.
Kom-pagnie) auf Teile des Württ. Gebirgsbataillons, von denen gemeldet wird, daß
östlich Carraria eine stark besetzte Stellung sei, auch Cividale sei besetzt;
die Abteilung sei deshalb nicht weiter vorgekommen.
Daraufhin
werden die 6. und 7. Kompagnie über Zugliano in Richtung auf Carraria in Marsch
gesetzt. Der Italiener räumt die Stellung. Die Kompagnien aber stoßen 3.40 Uhr
nachmittags gegen die Straße nach Carraria vor, auf der sich feindliche
Truppen-abteilungen im Rückmarsch von Castel del Monte auf Cividale befinden.
Sie werden gefangen.
Mit
dem Angriffsbefehl des Regiments wurden die 5. und 8. Kompagnie durch den
Ordonnanzoffizier des II. Bataillons, den tüchtigen und umsichtigen Leutnant
Mäulen, im Talgrund nördlich des Erbezzo vorgeführt. Sie überschritten den
Erbezzo bei Pte. S. Quirino, drangen von hier aus auf der Straße nach Carraria
weiter vor und stießen 3.45 Uhr nachmittags über Kapelle auf dem von der 6. und
7. Kompagnie eingeschlagenen Weg bei Zugliano wieder zu ihrem
Bataillonskommandeur.
Die
8. Kompagnie erhielt den Befehl, die Straße nach Cividale westlich Castel del
Monte zu sperren. Sie nimmt nach kurzem Feuerkampf 20 Mann und den
Brigade-general Ferrara mit seinem Stabe im Auto gefangen; im Lauf des Abends
fallen ihr noch 1 Major 265 Mann in die Hand.
Der
Rest des Bataillons (5., 6. und 7. Kompagnie) setzte den Marsch über Carraria
auf Cividale fort und erreichte 4.30 Uhr nachmittags unter Gefangennahme einer
schwachen zurückgebliebenen Abteilung den Südteil von Cividale. Verluste des
Bataillons: 4 Mann tot, 24 verwundet.
Wenden
wir uns nun den Schicksalen des I. Bataillons zu.
Nachdem
das Regiment den Angriffsbefehl erteilt hatte, führte Hauptmann Hug die 2., 3.
und 4. Kompagnie im Erbezzo-Grund nach dem Punkt b vor. Es mußte dies zwar im
starken feindlichen Maschinengewehrfeuer geschehen, doch schoß der Feind fast
durchgehend zu hoch. Die 1. Kompagnie hatte in der Schlucht, also in der linken
Flanke des Bataillons vorzugehen und sollte den Hauptangriff des Bataillons
seitwärts unter-stützen.
Der
erste Anstieg des Bataillons Hug erfolgte vom Feinde unbelästigt, weil der
Gegner die am Hange angelegten Schützennester – wohl infolge des Vorrückens der
6. und 7. Kompagnie – verlassen hatte. Der Höhenkamm selbst war noch stark
besetzt. Auf einige hundert Meter diesem gegenüber, in einem Waldrand, baute
sich das Bataillon Hug, verstärkt durch eine hier angreifende Jägerkompagnie,
zum Sturm auf – vom rechten nach dem linken Flügel 2./125, 3./125, 4./125,
Jägerkompagnie – jede Kompagnie in 3 Sturmkolonnen, d. h. die Züge in Reihen
nebeneinander, an der Spitze derselben Hand-granatentrupps. Zuvor hatte eine
österreichische Batterie aus der Gegend von Azzida mit gutem Erfolg die
Stellung befunkt.
6
Uhr abends brachen die Sturmkolonnen. der Bataillonskommandeur mit seinem Stab
voraus, schlagartig mit lautem Hurra aus dem Waldrand vor; augenblicklich
setzte auch das feindliche Maschinengewehrfeuer mit großer Heftigkeit ein,
welches dem Bataillon einige Verluste verursachte, jedoch zum größten Teil
abermals zu hoch lag. Auch warf der Feind Handgranaten in großer Menge gegen
die Anstürmenden. Diese ließen sich jedoch keinen Augenblick aufhalten. In
flotter Angriffslust wurde der steile Hang erstiegen und unter Einsatz der
letzten Kräfte jedes einzelnen Mannes gelang es, mehrere übereinanderliegende
feindliche Stellungen mit verhältnismäßig geringen Ver-lusten im Kampf Mann
gegen Mann zu nehmen.
Die
1. Kompagnie hatte den Nordosthang der Berges erstiegen. Sie brach fast im
gleichen Augenblick wie die Sturmkolonnen der übrigen Kompagnien, deren Hurra
man bei der 1. Kompagnie hörte, in die feindlichen Stellungen ein.
Um
7 Uhr abends war die ganze Höhe vom Feinde frei. Was vom Gegner sein Heil in
einer Flucht nach der Straße Castel del Monte – Cividale erhoffte, fiel der 8.
Kompagnie in die Hände. Über 1000 Gefangene wurden außerdem vom Bataillon Hug
nach Azzida abgeführt. Noch wohlgetaner Arbeit bezog das I. Bataillon Ortsbiwak
im Dorf Purges-simo.
Die
Verluste des Bataillons betrugen: 3 Mann tot, 18 verwundet. Schwer verwundet –
durch Handgranate – war auch der tapfere Führer der 2. Kompagnie, Leutnant d.
R. Dunz.
Es
ist interessant zu vergleichen, auf welch verschiedene Art und Weise, räumlich
und zeitlich getrennt, das II. und I. Bataillon den Angriff durchführten, um
zum Ziele zu gelangen.
Von
Cividale aus schob Major von Schnizer zur Sperrung der feindwärts führenden
Straßen und Brücken die 5., 6. und 7. Kompagnie nach Süden zu beiden Seiten des
Natisone vor und zwar die 6. Kompagnie in Richtung auf Premariacco, die 7.
Kom-pagnie nach Firmano, die 5. Kompagnie nach Gagliano.
In
Ausführung dieses Befehls stieß die 6. Kompagnie bei einer südlich Cividale
über den Natisone führenden Kriegsbrücke auf starke feindliche Abteilungen, die
ohne Zaudern angegriffen und über die Brücke zurückgeworfen wurden. Gegenangriffe
scheiterten, die Brücke wurde gehalten und vor Zerstörung durch den Feind
gerettet.
Am
27. abends bezw. in der Nacht vom 27./28. machten die vorgeschobenen Kompag-nien
noch folgende Gefangene und Beute: 5. Kompagnie: 3 Offiziere, 148 Mann, 1 vollständige
10,5 cm Gebirgsbatterie; 6. Kompagnie: 15 Offiziere, 400 Mann; 7. Kom-pagnie:
100 Mann.
Diese
erfolge sind um so höher zu bewerten, als die Kompagnien infolge Abgangs durch
Patrouillen, Sicherungen, Abteilungen zur Gefangenenbewachung zahlenmäßig sehr
schwach waren, so zählte die 6. Kompagnie schließlich nur noch 14 Mann.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr.
125 im Weltkrieg 1914–
1918“ׅ,
Stuttgart 1923
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