„Der
3. Oktober verlief bis zum Abend ziemlich ruhig. Alles freute sich der kurzen
Atempause. Mit Stolz stellte das Regiment die stattliche Anzahl von Gefangenen
fest, 1 Offizier und 125 Mann von 3 verschiedenen Regimentern. Das Regiment,
das durch die dreiwöchentliche Stellungszeit auf das äußerste angespannt worden
war und in den schweren Kämpfen am 18. und 19. September und 2. Oktober einen
großen Teil seiner Gefechtskraft verloren hatte, befand sich einem ausgeruhten,
voll kampfkräftigen Geg-ner gegenüber, der zudem über frische Reserven verfügte.
Es war also begreiflich, daß der Regimentskommandeur und die Bataillonsführer
besorgt den neuen Angriffen des Feindes entgegensahen und um Ablösung ihrer
erschöpften Truppen baten, Zunächst kam diese freilich noch nicht. Auch ohne
unmittelbare Feuergefahr war der Aufenthalt im vorderen Graben anstrengend
genug. Dürftige Unterkunft, die Verpflegung unregel-mäßig, spät in der Nacht,
meist kalt und knapp. Man litt vor allem Durst und empfand den Mangel an Getränken.
Durch das andauernde Postenstehen, Wachen und Schanzen war alles übermüdet und
verbraucht. Doch der rechte Soldat klagt nicht – wenn auch der Schwabe hie und
da mal tüchtig schimpft – er gehorcht und behauptet den Platz, auf den er
gestellt ist.
Von
5 Uhr abends am 3. Oktober lebt die beiderseitige Artillerietätigkeit wieder
auf und steigert sich gegen 8 Uhr zum stärksten Trommelfeuer. Um 8.30 Uhr
bricht ein neuer Angriff des Gegners, der durch einen Hagel von Gewehrgranaten,
sogen. Katzenköpfen, vorbereitet ist, mit starken Kräften gegen die beiden
Bataillone los. Die größte Wucht des Angriffs ist natürlich wieder gegen die
beiden Flügel gerichtet. Am rechten Flügel des III. Batl. (9. Komp.) dringt der Franzose vorübergehend
in den Graben ein, wird aber bald wieder geworfen. Auch im Bereich des II.
Batl. erreicht der an Zahl bedeutend überlegene Gegner an einzelnen Stellen den
Graben und rollt den linken Flügel der 5. Komp. auf etwa 80 m Länge auf. Doch
ist um 9.10 Uhr der Graben bis auf 50 m an der berüchtigten Sappe wieder in
unserem Besitz. Hierbei zeichnet sich besonders Leutnant Efinger aus, dessen
Energie es gelingt, mit den schwachen Kräften, die noch im Graben geblieben,
die noch fehlenden 50 m bis zur Sappe dem Gegner zu entreißen.
In
diesen Stunden war die Ausdauer und der Mut der beiden Bataillone auf eine
harte Probe gestellt worden, da kurz vor dem Angriff auf Befehl der Division
die Sturmabteilung, die freilich auch sehr gelitten hatte, herausgezogen worden
war. Es ist also dem II. und III. Batl. doppelt hoch anzurechnen, daß es auch
jetzt so tapfer die Stellung gehalten hat.
Freilich
saß der zähe Gegner immer noch am linken Flügel des II. Batl. und hielt den
Graben von Punkt 605 bis zu der zu Punkt 613 führenden Sappe besetzt. Das
Regiment gab deshalb um 10 Uhr abends dem II. Bataillon den Auftrag, das
Grabenstück in der Nacht von beiden Endpunkten her aufzurollen und wieder zu
besetzen. Der befohlene Angriff kam aber nicht zur Ausführung. Das II. Batl.
selber war viel zu schwach dazu. Nach einer Meldung von Oberleutnant Bode vom
4. Oktober 12.30 Uhr vormittags zählte die ihm unterstellte 5. und 6. Komp. nur
noch 2 Offiziere, 3 Unteroffiziere und 31 Mann. Die Hauptschuld aber an der
Nichtausführung des geplanten Angriffs trug das verspätete Eintreffen des
Befehls vorne. Der erste Trupp von 4, Mann, den das II. Batl. mit dem Befehl
nach vorne geschickt hatte, war durch das starke feindliche Sperrfeuer
zersprengt worden, 1 Mann war gefallen und 1 verwundet worden. Erst um 3.40 Uhr
vormittags – auf 4 Uhr war der Angriff festgesetzt – erhielt Leutnant Mayer von
der 2. Komp., der mit seinem Zug von der einen Seite her den vom Feinde
besetzten Graben aufrollen sollte, den Befehl. Sein Zug zählte übrigens auch
nur mehr 13 Mann. So ließ man eben diesen Plan fallen, wichtiger war es
schließlich doch, neuen Angriffen des Gegners standzuhalten, die nicht
ausbleiben konnten.“
aus: „Das Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone
Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924
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