„Die
Tuberkulosebekämpfung und -Behandlung wurde in der Heimat unter Leitung des
Kriegs-Sanitätsinspekteurs in großzügiger Weise eingeleitet. Bleibende
Verdienste er-warb sich hier insbesondere der Tübinger innere Kliniker Professor
Dr. Otfried Müller. Von den wichtigsten Maßregeln sei die Einrichtung von
Lungenbeobachtungsstationen abgeführt, die erforderlich wurden, weil anfangs
viele verdächtige Fälle in Heilanstalten verlegt wurden, bei denen sich die
Diagnose Tuberkulose nicht bestätigte. Die Heilstät-ten mußten für die wirklich
Tuberkulösen vorbehalten bleiben, und zwar für diejenigen, bei denen Aussicht
auf Heilung oder Besserung bestand. Von der Medizinalabteilung des
Kriegsministeriums wurden eingehende Vorschriften über das Verfahren bei der
Be-handlung und Entlassung tuberkulöser Heeresangehöriger herausgegeben, womit
einer-seits einer Weiterverbreitung vorgebeugt, andererseits möglichste Fürsorge
für den ein-zelnen Erkrankten getroffen wurde.
Die
wichtigsten Punkte seien hier kurz erwähnt: Strenge Isolierung innerhalb der
Laza-rette, Verbot der Revierbehandlung auch der verdächtigen Fälle,
beschleunigte Entlas-sung aller Tuberkulösen, bei denen Dienstbeschädigung nicht
in Frage kam, Überweis-ung der Tuberkulösen mit Dienstbeschädigung, soweit
Heilungs- oder Besserungsaus-sicht vorhanden war, an die Lungenheilstätten, wo
Besserung nicht mehr erreicht wer-den konnte, Überweisung in ein ihrem Heimatort
naheliegendes Lazarett, strengstes Verbot, Tuberkulöse zum Ersatztruppenteil zu
entlassen oder dem Berufsleben zurück-zugeben ohne Anmeldung bei den
bürgerlichen Verwaltungsstellen (Landesversicher-ungsanstalt), welchen für den
Kranken und seine Familie die weitere Fürsorge zu über-nehmen hatte.
Verteilung
und Verlegung aller Tuberkulösen war bei der Krankenverteilungsstelle des
Sanitätsamts zentralisiert, wo über alle Lungenkranken eine Kartothek geführt
wurde. Jeder Tuberkulöse, sowie das Pflegepersonal, unter dem zahlreiche
Ansteckungen bei Schwestern und Wärtern vorkamen, erhielt das
Tuberkulose-Merkblatt des Kaiserlichen Gesundheitsamts ausgehändigt.
Die Zahl der tuberkulösen
Heeresangehörigen in Württemberg beginnt im August 1914 mit 53 und steigt im
Herbst 1916 auf über 1000, um gegen Ende des Kriegs auf etwa 700 zu sinken.“
aus: „Das Sanitätswesen im Weltkrieg
1914–18“, Stuttgart 1924
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