„Die
verschüchterte Bevölkerung hatte während der Fahrt die deutschen Transporte
bisher überall freudig empfangen, überall gerne mit Nachrichten versehen. Es
gelang dem II. Bataillon, noch am Abend des 16. März bis Kapustino
weiterzufahren. Dort aber meldete die Lokomotivspitze unter Leutnant Müller
spät abends, daß die Schienen zwi-schen hier und Adabasch an mehreren Stellen
zerstört, die Brücke über den Pomosh-najabach laut Einwohneraussagen gesprengt
sei. Die letztere Nachricht erwies sich allerdings als falsch; es waren damals
noch nicht einmal die ersten Vorbereitungen für eine Sprengung getroffen. Aber
die Möglichkeit, im Eisenbahnzug an den Feind weiter heranzufahren, war jetzt
jedenfalls zu Ende. Andererseits schien es dem Batail-lonskommandeur nicht
ausgeschlossen, daß die Einwohnernachricht betreffend der Pomoshnajabrücke
falsch, daß eine Weiterfahrt Richtung Woshiesensk nach Herstellung der zunächst
vorliegenden Schienenzerstörung möglich sei. Major Gutermann wollte nicht durch
vorzeitiges Entladen des Bataillons Zeit verlieren. Deshalb wurde noch in der
Nacht nur ein Zug der 5. Kompagnie mit zwei M.-G. befehligt, entlang der Bahn
vorzugehen. Gleichzeitig veranlaßte man die Schienenherstellung durch
ukrainische Bahnarbeiter. Das letztere erforderte aber sehr viel Zeit, da die
Leute erst zusammen-gesucht werden und dann an die fraglichen Stellen vorgehen
mußten.
Der
Zug der 5. Kompagnie unter Leutnant Diez gelangte unterdessen bis zur
Pomosh-najabrücke, ohne auf einen Feind zu stoßen. Leutnant Diez selbst blieb
mit einer Gruppe und eine M.-G. bei der Brücke, den Rest seines Zuges und das
andere M.-G. sandte er nach dem Bahnhof Adabasch zurück.
So
wurde es gegen 7 Uhr vormittags des 17. März. Der Gegner hatte mit unserem
Kommen jetzt schon, mit einem derartig energischen Vorwärtsdringen über alle
Hinder-nisse weg, nicht gerechnet und deshalb nichts für seine Sicherung getan.
Erst um 10 Uhr vormittags trat eine Abteilung Bolschewiken, etwa 200 Mann, aus
Nowo Ukrainka heraus und ging unter Ausnutzung niedriger, flacher Geländefalten
gegen den Bahnhof Adabasch vor.
Leutnant
Diez zog sich, um nicht abgeschnitten zu werden, mit seiner Gruppe über
Alexandrowka an seinen Zug heran. Der letztere empfing die Bolschewiken mit
Feuer; sie kamen in diesem nicht mehr weiter vor. Aber sie schoben sich – immer
unter Ausnützung der flachen Mulden – mehr und mehr nach Norden, so daß auch
dem Zug das Abgeschnittenwerden drohte. Dies zwang den letzteren, hinter dem
Bahndamm gedeckt, ebenfalls nach Norden zu rücken, und zwar bis zu dem
Bahnwärterhaus 800 Meter nördlich Adabasch. Hier aber kam Unterstützung in
Sicht.
Man
hatte hinten beim Bataillon das Feuer gehört; die ganze 5. Kompagnie war
ausge-stiegen und vorgegangen. Sie näherte sich dem genannten Bahnwarthaus; das
Gefecht kam infolgedessen zum Stehen, die Kompagnie besetzte Haus und Umgebung
mit Front nach Osten und Süden. Denn schon zeigte sich ein neuer Gegner, 600 –
800 Mann stark, der von dem Grund des Pomoshnajabaches her zu beiden Seiten der
Bahnlinie vorging. Er gelangte bis in Höhe des Bahnhofs Adabasch; dort konnte
er wirksam unter deut-sches Feuer genommen werden und blieb liegen.
Der
Nachmittag war schon vorgeschritten, die zerstörten Schienen wieder hergestellt,
die beiden Eisenbahnzüge der Vorhut, II. Bataillon und 2. Batterie L.-F.-A. 1,
fuhren näher heran und luden aus. Die 7. und 8. Kompagnie. die 2. M.-G.-K. und
die Batterie entwickelten sich zum Gefecht. Die Batterie beschoß den Bahnhof,
da brach die Dunkelheit rasch und plötzlich herein, wie dies dort zulande zu
geschehen pflegt. Ein Nachtangriff war bei den recht wenig geklärten
Verhältnissen nicht ratsam.
Die
7. und 8. Kompagnie biwakierten deshalb hinter ihren Gefechtsvorposten, die 5.
wurde nach Woinowka in Reserve zurückgenommen, die 6. war bei den
Eisenbahn-zügen zu deren Bewachung und Schutz geblieben, die M.-G.-K. verteilt.
Um
8 Uhr abends meldete, von Westen her anrückend, eine Haidamakenkompagnie ihr
Eintreffen. So wurden die ukrainischen Freiwilligen bezeichnet. Die Kompagnie
ging südwestlich des II. Bataillons in Stellung. Sie bestand zum Teil aus
Einwohnern der Gegend; Patrouillen aus solchen schlichen sich während der
Dunkelheit an den Bahnhof vor und fanden denselben vom Feind geräumt. Die
Haidamaken besetzten den Bahnhof noch in der Nacht. Am andern Morgen waren aber
die meisten von ihnen wieder davon-gelaufen, angeblich weil sie nicht genügend
Munition hätten. Unsere späteren Erfahr-ungen mit Haidamaken berechtigen aber zu
der Vermutung, daß sie hier einen ernstli-chen Kampf fürchteten und für einen
solchen waren nur die wenigen ehemaligen russi-schen Offiziere unter ihnen zu
haben, nicht aber die geworbenen Bürger und Bauern. Es kam auch häufig vor, daß
die letzteren wegliefen, sobald sie nur das Handgeld und ihre Bekleidung gefaßt
hatten.“
aus: „Das
Württemberg. Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 126 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1921
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen