„Die
ganze Nacht über herrschte lebhafter Gefechtslärm. Der Gegner war sehr nervös;
offenbar rechnete er mit einem nächtlichen Angriff von uns und hielt deshalb
das ganze Gelände unter starkem Feuer. Unablässig erhellten Leuchtkugeln das
Kampffeld. Es war eine Nacht, würdig des vergangenen Tages! Abgespannt hockte
man in seinem Erdloch und sehnte den andern Morgen herbei, obwohl man wußte,
daß er nichts Besseres bringen konnte. Tatsächlich erging auch schon 8 Uhr
morgens folgender Angriffsbefehl:
„Das
Regiment greift 10 Uhr vormittags nach Artillerie-Vorbereitung die Pariser
Stellung an. Oberleutnant Roller setzt sich mit 2., 3., 5. Komp. und 3.
M.-G.-Komp. in erster, 4., 6. Komp. und 1. M.-G.-Komp. in zweiter Linie rechts
an Inf.-Regt. 159, links an Inf.-Regt. 53 angelehnt, in Besitz dieser
Stellung.“ Die Artillerie-Vorbereitung begann, der Feind erwiderte heftig. Es
ging schon auf 10 Uhr, die befohlene Sturmzeit, ohne daß man den Eindruck
hatte, daß der Gegner durch unser Feuer erschüttert sei. Die Feuervorbereitung
war zu schwach; offenbar fehlte die nötige Munition, um die festungsartige
Stellung sturmreif zu schießen. Trotzdem traten zur befohlenen Zeit die
Stoßtrupps der 2. und 3. Komp. an und gelangten in schneidigem Anlauf bis an
das breite, kaum beschädigte Hindernis. Weiter ging es nicht, da zahlreiche, in
hohem Gras versteckte Maschinengewehre ein wildes Feuer eröffneten. Überallher
pfiff es und doch sah man keines dieser verdammten Gewehre. Wer wollte sie
fassen? Mit ein paar Handgranaten war hier nichts zu wollen; nur planmäßiges,
starkes Artilleriefeuer konnte freie Bahn schaffen. Gegen 11 Uhr vormittags
setzte zu allem hin noch heftiges feind-liches Artilleriefeuer ein und kurz
darauf kam die Meldung, daß die Nachbarregimenter in ihre
Sturmausgangsstellungen zurückgegangen seien. Fast gleichzeitig wurde ein
feindlicher Tankangriff aus Chaudun heraus beobachtet, der jedoch
glücklicherweise schon in der Entwicklung von unserer Artillerie zerschlagen
wurde. So lagen unsere 2. und 3. Komp. ohne jeden Flankenschutz vorne am Feind,
als gegen 12.30 Uhr mittags ein starker feindlicher Angriff gegen das schon zurückgegangene
Inf.-Regt. 159, also tief in unserer rechten Flanke, erfolgte. Jetzt war es
hohe Zeit, auch unsere Leute zu-rückzuholen, sollten sie nicht
leichtfertigerweise der feindlichen Umfassung ausgesetzt werden. In dieser
wenig beneidenswerten Lage hatte Hauptmann Junge – soeben beim Regiment
eingetroffen – die Führung des II. Bataillons übernommen.
Endlos
schlichen die Stunden dieses Tages dahin. Glühend brannte die Sonne,
unaufhör-lich hämmerte die feindliche Artillerie. In dieser dumpfen Stimmung
brachte die Nach-richt des Einbruchs der linken Nachbardivision in die
feindliche Stellung neues Leben. Sofort wurde auch bei uns der Angriff wieder
aufgenommen. Das II. Batl. trat links, das I. rechts der gegen Chaudun
vorspringenden Mulde zum Sturm an. Der 4. Komp. unter ihrem Führer, Leutnant d.
R. Freitag, gelang es, durch einen feindlichen Laufgraben in die feindliche
Stellung einzubrechen. Beim Aufrollen der Stellung aber fiel der Tapfere an der
Spitze seiner Kompagnie. Der Angriff stockte. Auch links von uns ging es nicht
weiter. Die feindliche Artillerie feuerte, was das Zeug hielt. In rasendem
Wirbel schlu-gen die Geschosse ein. Was nun? Ging es vorwärts oder rückwärts?
Keines von beiden. Der Kampf stand. Man hatte sich festgebissen. Erst bei
Einbruch der Dunkelheit wurden die Kompagnien in die Stellung des Vorabends
zurückgenommen, um für die Nacht eine geschlossene Front zu gewinnen. Nur die
4. Komp. hielt im eroberten Graben die Totenwacht bei ihrem gefallenen Führer.“
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