„Das
I./Reg. 122 hielt nach Abwehr des feindlichen Angriffes auf Kaysug am 10. Juni
noch einige Tage seine Stellung besetzt. Es hatte infolge des hohen
Krankenstandes und der geringen Frontstärke aus den Bagagen letzte Reserven
ausgeschieden, bestehend aus Begleitsleuten, Schreibern, Köchen und
Ordonnanzen, und sie im Kaysuger Schulhaus untergebracht. In diesen Tagen kam
es nur zu Patrouillengefechten im Vorgelände- Nach Fliegermeldung sollten bei
Kajala an der Südbahn aus zehn Zügen Truppenausladungen stattgefunden haben.
Die
Stimmung der Bevölkerung in Kaysug war zurückhaltend und keineswegs freund-lich.
Die besser gesinnten Leute hatten Angst vor den Bolschewiki, während der
größere Teil auf ihre Wiederkehr hoffte. Im Zusammenhang hiermit begannen auch
wieder ein-zelne Hetzer und Aufrührer sensationelle Gerüchte unter der
Bevölkerung und unseren Truppen zu verbreiten, wonach die Bolschewiki neue
Angriffe planten. Man erkannte bald aus dem heuchlerischen Verhalten der
Bevölkerung, daß es die unverhüllte Absicht der Bolschewisten war, unsere
Truppen und Heimat zu revolutionieren. Am 15. Juni übergaben Parlamentäre der
Kuban-Schwarzen-Meer-Armee ein Schreiben an die Division, in welchem die
Einleitung von Friedensverhandlungen angeregt wurde. In Erwiderung teilte das
deutsche Oberkommando in Rostow mit: „In den nächsten Tagen wird in Taganrog
ein Vertreter der russischen Friedensdelegation aus Kiew eintreffen, der die
Verhandlungen führen wird; das deutsche Kommando in Rostow wird seine Truppen
anweisen, vom 17. Juni morgens ab bis zum Abschluß dieser Verhandlungen, die
Feindseligkeiten einzustellen, falls von den gegenüberliegenden Truppen der
Kuban-Schwarzen-Meer-Republik keine feindlichen Handlungen gegen die deutschen
Truppen oder die Kosaken der Don-Regierung begangen werden. Ein Herankommen an
die Stellungen der anderen Partei außer für Parlamentäre mit weißer Flagge gilt
als feind-liche Handlung und wird mit Feuer beantwortet.
Von
einer ehrlichen Verständigung konnte hier kaum die Rede sein. Die Abmachungen
waren bei unserem Gegner vor Kaysug offenbar nicht durchgedrungen oder wurden
nicht befolgt. Denn feindliche Patrouillen gingen weiter gegen und vor. Am 18.
Juni stießen sogar 150 Mann Infanterie und 80 Reiter über den M.-G.-Hügel gegen
Kaysug zweimal vor, wurden jedoch leicht abgewiesen, wobei die beiderseitigen
Artillerien mitwirkten. Wir hatten 2 Tote und 1 Schwerverwundeten. In Kaysug
traten verschiedene Verluste bei den Bewohnern ein und wurden mehrere Häuser
zusammengeschossen.“
aus: „Das Württembergische
Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922
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