„Am
12. August hat anscheinend der Gegner seine Angriffsvorbereitungen dem
Ab-schnitt gegenüber vollendet und er drückt energisch gegen die neuen Linien
vor. Auf dem rechten Flügel des Regiments ist die Lage infolge der Ungunst des
Geländes und der abgekämpften preußischen Anschlußtruppen besonders gefährlich.
Der rechte Flügel des II. Batl. mußte, den Preußen folgend, dem feindlichen
Drucke nachgeben und zurück; da trat die dort gestaffelte Res.-Komp. (6.) des.
II. Batl. unter Leutn. Fetscher zum Gegenstoß an, riß die zurückgehenden Teile
des Bataillons wieder nach vorne und warf den Gegner, der schon bis zur
Bahnlinie vorgedrückt hatte, über die Höhe 81 (800 m westlich Chuignolles) und
die Straße Proyard – Bray zurück. Ein M.-G.-Zug der 2. M.-G.-Komp., von
Leutnant d. R. Gauß ohne Rücksicht auf das rasende feindliche Feuer vorgeführt,
bekommt den zurückgehenden Gegner in seine Garbe und reibt ihn nahezu auf.
Gleichzeitig mit diesem Flügelangriff greift der Gegner in starken Massen die
Front des Regiments aus Proyard heraus an. Die dünnen Linien können dem ersten
Anprall nicht stand halten, vor allem da zu dem feindlichen Artilleriefeuer
auch noch das eigene auf unseren Stellungen liegt. Zudem werfen deutsche
Flieger in unser Zwischengelände schwere Bomben. So von den eigenen
Schwesterwaffen im Stich gelassen, ja gefährdet, wird die 7. und 8. Komp. bis
zum Dorfrand Chuignolles zurück-gedrängt, und einzelne freche Engländertrupps
sind schon in die Ortschaft eingedrun-gen. Da treffen die 9. und 10. Komp. der
Regimentsreserve ein, die der nunmehrige Führer des III. Batl. Leutnant d. R.
Reindel, in raschem Entschluß auf die gefährdete Stelle angesetzt hatte. Vereint
mit der 7. und 8. Komp. werfen sie in hartem Ringen den Feind aus Chuignolles
zurück, nehmen, von Leutnant d. R. Hoffmann geführt, das Bahnhofgebäude im
Sturm und besetzen die alte Linie wieder. Das I. Batl. links hält in blutigen
Nahkämpfen und Gegenstößen seine Stellung. Der M.-G.-Zug des Vizefeld-webels
Diem der 1. M.-G.-Komp. hat sich bei dem fortgesetzten Massenangriff der
Engländer vollkommen verschossen und liegt wehrlos vorne. Umpeitscht von
Geschos-sen kriecht die Gewehrbedienung, das schwere M.-G. hinter sich
herschleppend, zurück und als sie die fehlende Munition ergänzt haben,
erkämpfen sich die Wackern ihre alte Stellung wieder und jagen dem Engländer
ihren todbringenden Gruß entgegen.
Nun
erkennt der Engländer, daß in der Front des Regiments seine Angriffe nutzlos
sind und so versucht er es nochmals anschließend an unsern rechten Flügel bei
Inf.-Regt. 13. Und wieder gelingt es ihm, vorwärts zu kommen. Wieder ist der
Gegner in unsere Lini-en eingebrochen und geht von dort aus gegen Flanke und Flügel
unseres Regiments vor. Die letzte Reserve des II. Batl., ein M.-G.-Zug und ein
schwacher, im Bahnabschnitt zurückgehaltener Zug der 12. Komp., wirft sich
entschlossen, vom Adjutanten des II. Batl., Leutnant d. R. Wider, geführt, den
Zurückgehenden entgegen, reißt sie wieder nach vorwärts und wirft den Gegner in
seine Ausgangsstellungen zurück.
Mit
einbrechender Dämmerung beruhigt sich der Tommy und gibt seine vergeblichen
Angriffe auf. Nicht einen Fuß breit Boden hat das Regiment dem Feind
preisgegeben und die blutige Wallstatt zeigt von der Erbitterung, mit de auf
beiden Seiten gekämpft wurde; zahllose tote Engländer liegen im Niemandsland
und in unseren Stellungen; aber auch bei uns hat der Tod um sich gehauen und
bittere Lücken gerissen.“
aus: „Das Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone
Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen