„Am
Vormittag des 28. August schoß sich der Gegner zunächst planmäßig auf die neuen
Stellungen ein. Die des I. Bataillons, die er noch nicht erkannt hatte, litten
weniger darunter. Ein Tankgeschütz der 9. Batterie Feldart.-Reg. 30 wurde an
die Servins-Ferme vorgezogen. Nach 11 Uhr sah man starke feindliche
Schützenlinien aus Cherisy gegen Vis vorgehen. Auch aus Monchy quollen dichte
Infanterieschwärme heraus und gingen gegen Boiry-Notre-Dame vor. Rasch und wirksam
einsetzendes Vernichtungsfeuer hielt sie kurze Zeit auf und fügte ihnen
Verluste zu, ohne daß ihr Vormarsch zum Stehen kam. Der Hauptstoß des Gegners
traf zunächst die weiter nördlich liegenden Truppen. Gegen Mittag wurden die 5.
und 6. Komp. angegriffen. Sie hielten den Angreifer im Feuer der Infanterie-
und Maschinengewehre nieder; aber nordwärts geriet die angrenzende
Divi-sionsfront ins Wanken und brach zusammen; die Engländer fluteten durch die
breite Lücke, stießen den fliehenden Truppen tief nach, schwenkten südwärts ein
und faßten die sich haltenden Kompagnien von der Flanke und vom Rücken. Die 6.
Komp. sah sich, wollte sie nicht vernichtet werden, zum Rückzug über den
Senséebach gezwungen. Die Engländer besetzten ihre Stellung und drängten gegen
die 5. Komp. Diese, noch nicht gesonnen zu weichen, verstärkte ihren rechten
Flügel und hielt stand. Ihr Grund-pfeiler war das leichte Maschinengewehr des
Unteroffizier Gottlob Bauer, das dem Angreifer schwere Verluste zufügte. Da
ging ihm die Munition aus. Durch englische Artillerie waren unterdessen zwei
andere Maschinengewehre außer Gefecht gesetzt wor-den. Ihre Munition wurde Bauer
gebracht, der unentwegt weiter schoß. Eine schwere Granate zerriß ihm das
Trommelfell. Ein Eisensplitter verwundete ihn und das Blut lief ihm an beiden
Händen herab. Der Brave wich nicht und wankte nicht. Schon stockte der Angriff.
Da trieb ein englischer Offizier seine Leute gewaltsam vorwärts. Zögernd, dann
mutig stürmten sie wieder heran. Der rechte Flügel der 5. Komp. brachte ihnen furcht-bare
Verluste bei. Unterdessen hatte der Feind rechts den Nordrand von Remy, das von
der 6. Komp. schon ganz geräumt war, erreicht und schritt zum umfassenden
Angriff von Norden her. Was ein Gewehr tragen konnte, wurde vom Führer der 5.
Komp., Leut-nant d. R. Rettenmaier, an den rechten Flügel geschoben, was an
Munition noch da war, in rasendem Schnellfeuer verschossen. Unterdessen wurden
die Verwundeten geborgen und nach rückwärts geschafft. Als sich die
Maschinengewehre gänzlich und die Infan-terie zum großen Teil verschossen
hatten, gab Leutnant Rettenmaier den Befehl zum Rückzug auf die Servins-Ferme.
Nur zwei Tote blieben zurück, darunter der tapfere Leutnant d. R. Wörner, der
im Anschlag durch ein Artilleriegeschoß fiel. Das I. Batl. deckte durch
wirksames Flankenfeuer den Rückzug der Kompagnie und hielt den nach-drängenden
Gegner auf. Rechts rückwärts aber schlug die 8. Komp. unter ihrem Führer,
Leutnant d. R. Siegle, welche in zweiter Linie stand, die von Norden
anstürmenden Engländer bis nachmittags 4.30 zurück und wich der Übermacht erst,
als das III./362 südwestlich Eterpigny eintraf und im Verein mit ihr den Kampf
zum Stehen brachte. Gegen 1 Uhr nachmittags war auch das I. Batl. des Res.-Reg.
119 zweimal angegriffen worden und hatte den Angreifer unter schweren Verlusten
zurückgeschlagen. Um einen Durchbruch zu verhüten, wurde zwischen das II. und
I. Batl. ein Zug der 11. Komp. eingeschoben. Gegen 5 Uhr abends war die Lage
geklärt und eine durchlaufende Linie von Eterpigny über die Servins-Ferme bis
zum Res.-Reg. 121 südwärts geschaffen. Der Gegner hatte, wie Gefangene
aussagten, schwerste Verluste erlitten und löste die Schot-ten, die das
Res.-Reg. 119 angegriffen hatten, sowie die 1. und 2. kanadische Division durch
die 3. und 4. kanadische ab.“
aus: „Das Württembergische
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920
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