„Eine
unruhige Nacht brach an. Englisches Störungsfeuer lag auf fast allen wichtigen
Geländepunkten. Die englische Infanterie versuchte überraschende Vorstöße. Die
Front mußte gesichtet, geordnet und neu eingeteilt werden. Eine größere
Verschiebung war infolge der Nähe und Aufmerksamkeit des Feindes nicht möglich.
Klare Befehlsver-hältnisse in der bunt durcheinandergewürfelten Front zu
schaffen, war aber das Aller-erste, was geschehen mußte. Die Bataillone des Regiments
lagen im allgemeinen zwi-schen den Bataillonen des Alexander-Regiments. Da
dessen Kommandeur der ältere war, traten die Bataillone des
Füsilier-Regiments unter den Befehl des Kommandeurs des
Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiments.
Kaum
waren die Verbände notdürftig geordnet, als am Morgen (2. September) wieder um
6.30 Uhr vormittags erneutes starkes feindliches Feuer einsetzte. Nach wenigen
Minuten steigerte es sich zum Trommelfeuer. Aus dem Wirbel von krachenden
Ein-schlägen erscholl das scharfe Hämmern deutscher Maschinengewehre. Fast 2
Stunden lang wogte der Kampf um die vordere Linie hin und her. Wieder
vermischten sich die Verbände. Erbittert wurde um jeden Zentimeter Boden
gerungen. Gegen 8.45 vormittags drang der Gegner von Norden her in Allaines
ein. Die am Südrand fechtenden Truppen des III. Bataillons mußten weichen und
entkamen gerade noch mit knapper Not der Um-zingelung. Nur die 10. Kompanie fehlte.
Bei dieser Kompanie befand sich der Batail-lonskommandeur, Major Fürst von
Waldburg-Zeil, mit seinem Bataillonsstabe und dem Führer der 2.
Maschinengewehrkompanie, Oberleutnant d. R. Burger. Man nahm zu-nächst an, der
Bataillonsstab und die Kompanie seien nach Norden oder Süden abge-drängt worden.
Bis
zur Linie Aizecourt-Le Haut – Bussu wurde im Laufe des Vormittags die vordere
Linie zurückgedrängt. Das III. Bataillon – immer noch ohne Bataillonskommandeur
und 10. Kompanie – klammerte sich unter Führung der Leutnants d. Res.
Grasmüller, Reutter, Armleder und Gundel an die Höhe südlich Aizecourt-Le Haut
und hielt sie bis zur Nacht. Der Widerstand war so zäh und für den Feind so
verlustreich, daß er sich an einzelnen Stellen wieder bis Allaines zurückzog.
An anderen Punkten griff er dagegen heftig an. Das I. Bataillon hielt sich
trotzdem in der Schlucht nordwestlich Bussu. Es war dort dem
Infanterie-Regiment 94 unterstellt, während das III. Bataillon bei Aize-court-Le
Haut im Verlaufe des Gefechts dem Jägerbataillon 14 zugeteilt wurde.
Es
wurde Spätnachmittag. Das Ringen war noch nicht zu Ende. Noch immer war keine
genaue Meldung über das Schicksal des Bataillonsstabes und der 10. Kompanie
einge-gangen. Verwundete hatten schon am Vormittage behauptet, Stab und Kompanie
seien bis auf den letzten Mann dem Feind in die Hände gefallen. Jetzt, nachdem
bei begin-nender Nacht etwas Ruhe eingetreten war, meldeten sich Augenzeugen,
die aus der Nähe mit angesehen hatten, wie Major Fürst von Waldburg-Zeil, sein
Ordonnanzoffi-zier, Leutnant d. R. Breuninger, der Bataillonsstab, der Führer
der 3. Maschinengewehr-kompanie, Oberleutnant d. R. Burger und Leutnant d. R.
Grünewald mit seiner 10. Kompanie in einem kleinen Grabenstück zusammengedrängt,
sich lange heldenmütig gegen die Übermacht gewehrt hatten. Nach und nach
schlossen die Engländer die kleine Schar von allen Seiten ein. Die
Anschlußkompanien merkten in dem Durcheinander des Kampfes nicht, daß ihr
Bataillonskommandeur und die 10. Kompanie am Feinde liegen geblieben waren. Und
als sie Gewißheit darüber bekamen, war es zu spät zum befrei-enden Gegenstoß. In
dem kleinen Grabenstück vorne war es still geworden.“
aus: „Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz
Joseph von Österreich, König von Ungarn (4. württ.) Nr. 122 im Weltkrieg
1914–1918“, Stuttgart 1921
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