„Nun
kamen für das Regiment wie für die ganze Division geradezu furchtbare Tage.
Ohne Deckung lagen die Batterien in offenem Gelände. Die schwerste feindliche
Be-schießung setzte Tag und Nacht ein. Feuerüberfall auf Feuerüberfall mit allen
Kalibern. Dabei war’s allmählich mit fortgeschrittener Jahreszeit dort oben in
Nordfrankreich hundekalt. Man fror entsetzlich. Dazu kamen die seelischen Erschütterungen,
die von den unglaublichsten Gerüchten herrührten, wie: der Kaiser hat abgedankt
usw. Dann aber vor allem das Gefühl, daß allmählich der Gegner in riesiger
Übermacht an Men-schen und Material uns gegenüberstand. Insbesondere fühlte man
vorne an der Front, wie Amerika Material und Leute im Überfluß lieferte: junge,
unverbrauchte Soldaten gegenüber den eigenen, abgekämpften, schwer
mitgenommenen Truppen. Endlich die geradezu wahnsinnige Fliegerplage: in
Geschwadern von 20 bis 30 ziehen sie über die Stellungen und werfen Bomben bis
weit ins Hintergelände. Frech sind sie, sie sausen bis 30 m zum Boden herunter
und pfeffern in die Infanterie und die Batteriestellungen hinein. Treffen sie
auch meistens nichts, es zermürbt und reißt die Nerven auf, denn die eigenen
Flieger sind in erschreckender Minderzahl und kommen nicht mehr auf.
Unsere
Infanterie aber von den braven, kampferprobten Regimentern (R.-I.-R. 120, 413
und 414) ist naturgemäß am Ende ihrer Kraft. 20 bis 30 Mann noch in der
Kompagnie; der alte Stamm fast völlig ausgefallen. Der junge Ersatz zum Teil
schon von der Heimat gänzlich verdorben.
Die
Artillerie hatte das berechtigte Gefühl, noch in fast ungebrochener Kampfkraft
zu sein. Hatte sie doch aber auch im Gegensatz zu der noch schwerer leidenden
Infanterie noch überall alte Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, die
den alten Waffengeist auch auf den mangelhaften Ersatz übertrugen.“
aus: „Das Württembergische Res.-Feld-Artillerie-Regiment
Nr. 27 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1925
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