„Am
17. Oktober noch in der Morgendämmerung raste ein bisher an dieser Front noch
nicht gehörtes Trommelfeuer auf die vordere Linie nieder und es gelang den
Englän-dern, die Hauptwiderstandslinie zu nehmen. Das Regiment war schon längst
alarmbe-reit, bis es kurz vor 11 Uhr vormittags Befehl erhielt, an den
Südausgang Bazuel zu rücken, um sich dort gegen Südwesten zum Gegenangriff zur
Wiedergewinnung der Hauptwiderstandslinie bereitzustellen. Die Bereitstellung,
III, rechts, II. links, I. Regi-mentsreserve hinter der Mitte, war gegen 5 Uhr
abends beendet und alles bereit, den Angriff gegen Arbre de Guise, 1 km östlich
St. Souplet vorzutragen.
Das
Füs.-Regt. 122 hatte aber in der Zwischenzeit im Anschluß an das zur 204.
Inf.-Division gehörende Res.-Inf.-Regt. 120 wenn auch nicht die frühere
Hauptwiderstands-linie, so doch wieder die Linie Le Quennelet-Ferme – Arbre de
Guise mit eigenen Kräften im Gegenstoß genommen, so daß der befohlene Angriff
unterblieb. Das Regi-ment verblieb nun zunächst in dem Bereitstellungsraum, bis
kurz nach 1 Uhr nachts am 18. Oktober der Befehl eintraf, daß das Regiment das
Füs.-Regt. 122 in vorderer Linie abzulösen habe. III. Batl. rechts, II. Batl.
links kamen in vordere Linie beiderseits Le Quennelet-Ferme, Man sah nicht die
Hand vor den Augen, als die Bataillone im unbe-kannten Gelände nach vorne zogen.
Die Ablösung zog sich lange hin, da durch den Angriff des Vortages die Stellung
sehr unübersichtlich verlief. Eben, es war kurz nach 6 Uhr vormittags und es
lagerte dichter Bodennebel auf dem durch Hecken durchschnit-tenen Gelände,
hatten die Kampftruppenkommandeure, Hauptmann d. R. Bühler (III.) und Hauptmann
Rösler (II.) die Meldungen ihrer Kompagnieführer über Übernahme der Stellung
und lückenlosen Anschluß erhalten und man dachte daran, die versäumte Nachtruhe
in den feuchten Löchern etwas nachzuholen, als schlagartig an der feindli-chen
Front tausende von Geschützen aufbrüllten und aus ihren rauchenden Mäulern
Unmengen Eisen und Gas auf unsere Stellung spien. Vorbei war es mit Schlaf und
Ruhe, man lag bereit, der englischen Infanterie den gebührenden Empfang zu
bereiten. Fast eine Stunde wütete der Feuerorkan, dann, als er glaubte, bei uns
alles zermalmt zu haben, schickte der Engländer seine Infanterie hinter einem
dichten Feuervorhang, der Feuerwalze, zum Sturme vor.as III. Batl. rechts, das
mit der 10. und 11. Komp. in vorde-rer Linie lag und Anschluß an Inf.-Regt. 479
hatte, wehrte den Angriff des Gegners in der Front ab, und der Gegner ging
unter heftigem M.-G.-Feuer aus der Quennelett-Ferme wieder zurück. Da tauchten
plötzlich in der rechten Flanke und im Rücken der in Reserve unmittelbar
westlich der Roue-Ferme liegenden 9. Komp. dichte Haufen Eng-länder auf, die
anscheinend beim Regiment 479 durchgebrochen waren. Nach kurzem Kampf war die
Kompagnie von der Übermacht überwältigt. Nur der durch Brustschuß verwundete
Kompagnieführer Leutnant d. R. Fischer (Th.) entging mit knapper Not der
Gefangennahme. Die 10. Komp. auf dem rechten Flügel des Regiments wurde von
rechts aufgerollt und konnte, da der Gegner schon hinter ihr, nicht mehr nach
rückwärts ausweichen. Am längsten hielt sich die 11. Komp. unter der tapferen
Führung des Leut-nants d. R. Reindel. Die Quennelett-Ferme war von allen Seiten
vom Tommy einge-schlossen, und wieder und wieder versuchten es feindliche
Stoßtrupps, gegen das zu-sammengeschossene Gehöft vorzugehen. Aber sobald sich
ein flacher englischer Stahl-helm vorwagte, ratterten auch schon die leichten
Maschinengewehre der 11. Komp. los. Bis 10 Uhr vormittags hat das kleine
Häuflein auf verlorenem Posten ausgehalten, bis es den herangezogenen
feindlichen Verstärkungen gelang, die Tapferen zu überwältigen. Beim II. Batl.
war im Anschluß an das III. Batl. die Hauptwiderstandslinie durch die 7. Komp.
tief gestaffelt besetzt; daran anschließend lag die 6. Komp. mit Anschluß an
das Inf.-Regt. 413. Dem Engländer gelang es, die Hauptwiderstandslinie zu
überrennen, doch konnten sich die beiden Kompagnien rechtzeitig auf die
Reservekompagnie (5.), die im Hohlweg südöstlich Roueferme mit dem
Bataillonsstab lag, zurückziehen. Ihre beiden tapferen Führer mußten sie leider
am Feind zurücklassen, Leutnant d. R. Bareiter war dem Trommelfeuer zum Opfer
gefallen, während Leutnant d. R. Essig mit durch-schossenem Bein in englische
Gefangenschaft geraten ist.
Der
Engländer tauchte in dicken Massen plötzlich zwischen den Hecken vor dem
Hohlweg auf und wurde von einem verheerenden M.-G.- und Infanteriefeuer
empfan-gen. Das II. Batl. des Füs.-Regt. 122, geführt von Leutnant d. R.
Schoder, das als Ein-greifreserve hinter dem Regiment lag, kam dem Bataillon zu
Hilfe und riegelte gegen die Roue-Ferme ab, von der Aufrollung und Flankierung
gedroht hatte. Die Stellung war fest in Der Hand des Regiments, doch konnte
sie, da auch bei der linken 204. Inf.-Division die Stellung durchbrochen war,
nicht auf die Dauer gehalten werden. Erst 6 Uhr abends räumte das Regiment den
beiderseits weit vom Feind überflügelten Hohl-weg auf Befehl der Brigade ohne
vom Gegner belästigt zu werden. Das I. Bataillon unter Hauptmann d. R. Maisch
stand als Regimentsreserve am Südwestrand von Bazuel und war gegen 10 Uhr
vormittags im Vorgehen über Höhe 150 gegen Roue-Ferme, wurde aber von der
Brigade aufgehalten und nach Bazuel zurückgenommen, da von Nordwesten her
starker Gegner gemeldet war.
Das
Regiment ging zunächst auf die Höhen östlich Bazuel zurück und stellte sich
dort im Anschluß an Füs.-Regt. 122 rechts zum Gegenstoß gegen einen eventuell
über die Straße Bazuel – Catillon vorbrechenden Gegner bereit. Jedoch folgte
der Gegner nicht und so wurde die Front der Division wieder vorgeschoben in die
Linie Le Planty Ferme – Gymbremont-Ferme – Zuckerfabrik Catillon. Noch spät am
Abend stellten unsere Patrouillen fest, daß Bazuel vom Gegner noch nicht
besetzt war. Auf der ganzen Front der Division fühlte der Engländer nur sehr
zögernd nach.“
aus: „Das Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone
Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924
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