„Am
19. Oktober zeigte der Feind, daß seine bisherigen Teilangriffe nur zur
Vorberei-tung und Einleitung eines großen Angriffes mit weitgesteckten Zielen
gedient hatten. In der Morgendämmerung, durch dichten Nebel begünstigt, griffen
die Franzosen in dichten Massen die Vorpostenkompagnie, nunmehr 1. Kompagnie
unter Leutnant d. R. Nuber, an, ohne daß etwa ein Anschwellen des
Artilleriefeuers oder bemerkbare Unruhe beim Feind dessen Angriffsabsichten
verraten hätten. Da im Nebel die Maschinenge-wehre nicht recht zur Geltung
kamen, wurden die schwachen Feldwachen bald umgan-gen. Etwa die Hälfte der Leute
konnte sich durchschlagen und erreichte die Hauptwider-standslinie, gegen welche
die nachdrängenden Franzosen vergebens anliefen, die andere Hälfte wurde
überwältigt und gefangen. Die deutsche Artillerie hatte infolge der durch den
Nebel behinderten Beobachtung die von unseren Vorposten abgeschossenen
Signal-kugeln nicht erkannt und deshalb nicht mitgewirkt. Nur ein seit 17.
Oktober zur Verfü-gung des K. T. K. in Gegend Savy-Ferme vorgeschobener
Feldkanonenzug des III./Feld-art. 29 konnte vorzügliche Dienste leisten.
Ungünstig war der Umstand, daß das Regi-ment 121 in der vorhergegangenen Nacht
behufs Verwendung als Armeereserve heraus-gezogen worden war und der Abschnitt
des Regiments demgemäß nach links hatte verbreitert werden müssen. Bei der
Nachbardivision rechts, der 10. Res.-Division, hatte der gleichzeitig geführte
Angriff dem Feind – allerdings nur vorübergehend – den Besitz der in unserer
rechten Flanke gelegenen Fay-le Sec-Ferme gebracht, von wo er uns sehr
unangenehm ins Hintergelände sehen konnte; auch beim linken Nachbar, der 227.
Divi-sion, waren die Vorposten zurückgedrückt worden. Ein energischer Gegenstoß
konnte vom Kampfbataillon, dessen Stab bei der Savy-Ferme lag, aus Mangel an
Kräften nicht sofort eingeleitet werden. Als er nach Heranziehen der 6. und 8. Kompagnie
um 2 Uhr nachmittags durchgeführt wurde, war es zu spät. Der Feind hatte sich
festgesetzt und schickte den vorgehenden Kompagnien einen Hagel von Geschossen
aus Geschützen und Maschinengewehren entgegen, daß man froh war, mit geringen
Verlusten wenig-stens einige hundert Meter Vorfeld wieder gewonnen zu haben.
Wichtig aber war, daß, wie sich nachträglich herausstellte, durch den
Gegenangriff die Fortführung des feind-lichen Angriffes, dessen Ziel nicht nur
die Wegnahme der Dörfer Vesles und Pierrepont, sondern auch ein 15 Kilometer
tiefer Durchbruch der 72. französischen Division nach Norden war, vereitelt
wurde. So kam es, daß während die Truppe über dem äußeren Mißerfolg des Tages
in wenig freudiger Stimmung war, der Brigadekommandeur auf Grund der
Gefangenenaussagen dem Regiment zu dem Abwehrerfolge seine Glückwün-sche
aussprach. Die Gesamtverluste des Tages betrugen 3 Mann tot, 2 Offiziere
(Leut-nant Fürst Karl Gero v. Urach und Leutnant d. R. Widmaier) und 12 Mann
verwundet und 30 Mann vermißt. Während des feindlichen Angriffes erhielten die
teilweise von der Zivilbevölkerung noch bewohnten Ortschaften Neuville und
Curieux, wo der Regi-mentsstab lag, zum erstenmal Artilleriefeuer.“
aus: „Das Grenadier-Regiment
„Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927
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