„In
der Nacht vom 28. auf 29. September ging Unteroffizier Knaus mit 8 Mann
(darun-ter Gefreiter Herrmann, Lieb, Gahn, Höschele, Ilg, Bauser) gegen die
französische Stellung am Südhang der Höhe 425 vor und brachte zwei Gefangene
ein. Robert Lieb, der dabei verwundet wurde, schreibt über diese Patrouille:
„Zu
der Zeit, als ich früher in dieser Stellung lag, verlief der feindliche Graben
etwa 350 Meter vor uns im Tal. Er war in der Zwischenzeit aufgegeben und
unge-fähr 150 Meter zurückverlegt worden. Eine Sappe trat hervor, und unsere
Aufgabe bestand nun darin, die Besatzung dieses vorspringenden Grabenstücks
auszuhe-ben.
Nachdem
wir am Abend des 28. September nach Sandozweiler bei Sennheim in einen
Unterstand vorgezogen worden waren, bahnten wir uns um Mitternacht mühsam einen
Weg durch die alten feindlichen Drahtverhaue. 15 Mann vom
Landwehr-Infanterieregiment 123 sollten uns später folgen. In dem verlassenen
französischen Graben blieben wir liegen, um gegen das Artillerie- und
Minenfeuer geschützt zu sein, das bald darauf begann. Innerhalb einer Minute
wurden drei Minen auf die Sappe geworfen, während zur gleichen Zeit unsere
Artillerie ihr Feuer auf die rückwärtigen Linien des Feindes legte.
Beim
Aufschlagen der dritten Mine springen wir auf und stürmen vor. An der Sappe
stoßen wir auf einen außergewöhnlich starken Drahtverhau. Nur eine Minute hemmt
er unsern Lauf, dann geht es weiter – inzwischen nun allerdings vom Feinde
bemerkt. Ein Franzose in der Sappe hat die Geistesgegenwart nicht verloren, er
wirft uns aus nächster Entfernung eine Handgranate entgegen. Ilg fällt,
Höschele und Gahn werden schwer verwundet. Ich erhalte einige Splitter in den
linken Oberschenkel und in die linke Hand. Auch ein 123er, der uns inzwi-schen
mit seinen Kameraden aufgeholt hat, wird schwer verwundet.
Hinein
in die Sappe, los auf den Franzosen, der die Handgranate warf und auf einen
zweiten, der bei ihm steht; sie wehren sich, werden gefaßt und rausgezerrt. Nun
sind wir auch im feindlichen Hauptgraben bemerkt worden, denn schon setzt
starkes Infanteriefeuer ein. Also eiligst zurück. Ich als Vorletzter, Gahn
hinter mir als Letzter. Er kann sich selbst nur noch 60 Meter weit
zurückschleppen, bricht dann zusammen. Ich nehme ihn unter den rechten Arm und
schleppe ihn zurück, was besonders schwierig ist, da die Franzosen wie verrückt
schießen. Zum Sprung mit Gahn über den alten feindlichen Graben reichen meine
Kräfte nicht mehr, wir stürzen beide hinein. Vergebens bemühe ich mich, Gahn
auf der anderen Seite hochzuziehen. Ich breche erschöpft zusammen.“
Gahn
und Lieb wurden, nachdem sich das Feuer der Franzosen etwas gelegt hatte, von
Sanitätsmannschaften geborgen. Sie kamen sechs Wochen später im Lazarett in
Freiburg wieder zusammen. Ein trauriges Wiedersehen, denn Paul Gahn war
inzwischen ein Bein amputiert worden. Die Ärzte hofften, ihn am Leben erhalten
zu können. Aufopfernd pflegte ihn seine Schwester, eine geprüfte Krankenpflegerin;
sie wich nicht von des Bruders schwerem Krankenlager. Nach einiger Zeit mußte
eine weitere Operation aus-geführt werden, an deren Folgen Paul Gahn starb. Als
er auf dem Pragfriedhof in Stuttgart beigesetzt wurde, legten Rittmeister Henke
im Nahmen des Sturmbataillons 16 und Hauptmann Nagel für die Kompagnie Kränze
am Grabe dieses jungen Kriegsfrei-willigen nieder, der den ganzen Krieg
mitgemacht hat und kurz vor dem Waffen-stillstand von einem so tragischen
Geschick ereilt wurde. Auch die Kameraden David Ilg und Jakob Höschele sind
ihren schweren Verletzungen erlegen.“
aus:
„Württembergische Sturm-Kompagnie im großen Krieg“, Stuttgart 1930
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