„Um
Mitte November bekam sie (die 3. Kompagnie) den Auftrag nach Birsula zu gehen,
um dort Ordnung zu schaffen und die mobile Bahnhofskommandantur zu schüt-zen.
Bei der Ankunft wurde die Ordnung durch ukrainische Miliz aufrechterhalten.
Nach einigen Tagen trafen Hetman-Truppen in Birsula ein, die jedoch nach kurzer
Zeit von Petljura-Truppen vertrieben wurden. Letztere verstärkten sich Ende des
Monats so sehr, daß die Lage für die Kompagnie immer bedrohlicher wurde.
Täglich trafen etwa 4000 – 5000 zurückkehrende Kriegsgefangene, meist in
trostlosem Zustand und halb verhungert, aus Deutschland und Österreich ein, von
denen ein großer Teil von den Petl-jura-Truppen eingestellt und bewaffnet wurde.
Österreichische
von Odessa kommende Transporte wurden in Birsula entwaffnet und ausgeraubt. Der
Haufe der bolschewistischen Petljura-Truppen vergrößerte sich mehr und mehr,
und auch der 3. Kompagnie gegenüber wurden die Russen immer feindseli-ger.
Am
4. Dezember kam ein deutscher Panzerzug von Odessa her, um die Kompagnie in
Birsula zu entsetzen. Doch die Russen hatten 8 Geschütze und wohl 6000 Mann.
Ein deutscher Offizier aus Birsula klärte den Kommandeur des Panzerzuges über
die Nutzlosigkeit seines Vorhabens auf. Doch dieser ließ sich nicht verblüffen.
Er ließ dem Petljura-Führer sagen, daß eine Division hinter ihm stehe und er
verlange, daß die Deutschen in Birsula verladen und zu ihm hinausgeführt
würden. Die Russen gaben nach und stellten Wagen zum Verladen.
Am
andern Morgen aber wurde der Zug nicht nach Süden, sondern nach Norden
abge-lassen. Auf der nächsten Station wurde der Zug von russischen Banden
umzingelt, überwältigt und entwaffnet. Alle deutschen Bahnhofkommandanturen an
der weiteren Strecke waren schon abgefahren oder abgeschoben worden.
Erst
in Smerinka stieß die Kompagnie auf deutsche Truppen, Teile der
Landwehr-Kaval-lerie-Schützenregimenter 11 und 90. Diese gaben ihre Waffen und
waren zum Kampf entschlossen. Die Russen umstellten die Baracken der Kavallerie-Schützen,
doch im Nu waren die deutschen M.-G. aufgestellt und wurde das Feuer auf die
herankommenden russischen Horden eröffnet. Nun ließen die Russen alle Sirenen
an Lokomotiven und Fabriken heulen und alles eilte bei ihnen zu den Waffen.
Die
3. Kompagnie stand abseits von den andern deutschen Truppen vereinzelt und
wurde von allen Seiten angegriffen, so daß die Verluste sich mehrten. Doch sie
hielt sich noch. Erst mittags, als die Munition zur Neige ging, entschloß sie
sich unter Preisgabe ihres Gepäcks und des Transportzuges, zu den deutschen
Truppen durchzuschlagen. Auch diese hatten einen schweren Stand, denn zwölf
Transportzüge mit Bolschewisten waren den Tag über angekommen. Abgabe der
Waffen lehnte die Kompagnie bei einem Verhandlungsversuch ab; es wurde
weitergeschossen und geworfen, bis zur letzten Pat-rone und Handgranate. Die Kompagnie
wurde dann von allen Seiten umschlossen. Als der Haufe merkte, daß die
Kompagnie nichts mehr zum Schießen hatte, kamen die berauschten wütenden Kerls
heran und schossen unsere unbewaffneten Leute nieder. Im ganzen hatte die
Kompagnie bei diesem Gefecht 11 Tote und 10 Verwundete. Die übrig gebliebenen
wurden dann in ein unterirdisches Gelaß gesperrt und bewacht.
In
der Nacht war ein Leerzug bereitgestellt und auf Befehl des Petljura-Führers
wurde die Kompagnie verladen und nach Norden über Proskurow abgeschoben, um sie
vor der Wut des Pöbels zu schützen. Auf jeder Station durchsuchten nun Banden
die Taschen unserer Leute und nahmen ihnen Messer, Geld und Uhren ab. An der
galizischen Grenze begann man, ihnen die Stiefel und Kleider auszuziehen und
ihnen dafür alte Lumpen zu geben. Die Unseren waren daher recht froh, an der
ungarischen Grenze einen Transport von Deutschösterreichern anzutreffen, welcher
die notdürftigsten Kleidungsstücke und etwas Lebensmittel hergab.
Die
Österreicher hängten die Kompagnie dann an ihren Transport an, und so wurde
diese über Budapest – Wien – Passau nach Ulm weitergeleitet.“
aus: „Das Württembergische
Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922
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