„Ende
November wurde das Bataillon abgelöst und an die Bahnlinie nach Kasatin herangezogen,
wo es von dem noch mehr in Auflösung begriffenen Landsturm-Bataillon Passau,
das die deutschen Kokarden längst entfernt hatte, vollends verseucht wurde.
Am
22. November kehrten die 11. und 12. Kompagnie nach Berditschew zurück, nachdem
sie zuvor den Bahnschutz in Popielnja übernommen hatten.
Der
Bahnhof Kasatin, der wichtigste Eisenbahnknotenpunkt für die deutschen Truppen,
mußte besetzt gehalten werden. Auf
diesen hatte es auch Petljura abgesehen; es lagen schon zahlreiche Petljuristen
in der Stadt, es kamen noch Verstärkungen dazu, auch einige Panzerzüge. Aber
Petljura wagte keine Gewalt, er legte sich aufs Verhandeln, um seiner Sache
ganz sicher zu sein.
Am
6. Dezember verhandelten die Soldatenräte mit Petljura-Offizieren so lange und
ausgiebig, daß die weiteren Verhandlungen auf den nächsten Nachmittag verlegt
werden mußten. (bis dahin hatte nämlich Petljura weitere Verstärkungen
herangezogen.) Den Soldatenräten wurde noch mitgeteilt, „sie möchten sich nicht
beunruhigen, wenn ge-schossen würde, die ukrainischen Truppen würden ein
Scharfschießen in der Nähe ab-halten“. (Vermutlich auf ankommende deutsche
Transporte.) Der am 6. Dezember ein-getroffene Befehl zur Entwaffnung der
Ukrainer in Kasatin wurde gar nicht beachtet.
Glücklicherweise
fiel während der Verhandlungen ein Schuß von ukrainischer Seite, so daß das
militärische Gefühl auf deutscher Seite vor völligem Einschlafen bewahrt wur-de.
Am
7. Dezember kam es an einzelnen Stellen zu Schießereien, die schließlich in ein
Gefecht, hauptsächlich um den Bahnhof, übergingen. Die Bayern, welche zuerst
gar nicht mittun wollten, griffen ein, nachdem sie selbst beschossen wurden.
Die
Petljuristen stellten Entwaffnete des Landsturm-Bataillons Passau und der 10.
Kompagnie vor ihre Gewehrläufe auf den Bahndamm, um die Deutschen am Schießen
zu verhindern. Sie selbst schossen zwischen hindurch. Das Schießen hörte
deutscher-seits zunächst auf, wurde aber durch Leute, die sich einen geeigneten
Platz suchten, fortgesetzt.
Die
Bayern, durch die immer drohendere Gefahr wieder kriegerisch gesinnt, stellten
schon schwere Minenwerfer auf und hätten die Lage, trotzdem den 800 Deutschen 3
– 4000 Ukrainer mit Panzerautos u. a. gegenüberstanden, bald zu ihren Gunsten
entschie-den, wenn nicht in diesem Augenblick eine weiße Flagge am Bahnhof
aufgestellt wor-den wäre.
In
der Zwischenzeit hatten sich zwei deutsche Maschinengewehre am Proviantamt
erfolgreich behauptet und den Ukrainern 2 Maschinengewehre abgenommen. Nach
Be-schießung durch einen Panzerzug mußten sie das Feuer einstellen.
Deutscherseits ließ man sich nun leider wieder in endlose Verhandlungen ein, in
denen viel geschrieben und noch mehr ehrenwörtlich versichert wurde.
Österreichische Offiziere und deutsch spre-chende Tschechen führten das Wort im
Namen der ukrainischen Regierung. „Freies Geleit bis Holoby, gute Verpflegung
für 10 Tage und in 8 Tagen zu Hause“! Das ge-nügte, um zu unterschreiben! Dann
ließen sich die Truppen entwaffnen und die Waf-fenübergabe auch noch
bescheinigen. Den Offizieren hatten die Ukrainer ehrenwörtlich freies Geleit zu
den Verhandlungen im Wartesaal II. Klasse, sowie Behalten ihrer Waffen
zugesagt. Es wurde weder das eine noch das andere gehalten.“
aus: „Das 1. Württ.
Landsturm-Infanterie.-Regiment Nr. 13 im Weltkrieg 1915–1918“, Stuttgart 1920
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