Donnerstag, 3. Januar 2019

3. Januar 1919



„Am 14. Dezember, 6 Uhr vormittags marschierten die Truppen der 22. Landw.-Divi-sion in 4 Detachements von Shitomir auf der stark beschneiten Heerstraße Kiew – Rowno ab. Reihenfolge der Truppen im Detachement Salzmann war: Brigadestab, I./13, 1. Maschinengewehr-Kompagnie 13 ohne 1. Zug, ½ III./13, 12 Zug Maschinengewehr-Kompagnie 13, Abteilung Feldart.-Reg. 219, Fliegerabteilung.
Die reitende Abteilung I./13 übernahm die Sicherung in Shitomir bis zum Abzug der letzten Truppen. Die Nachhut hatte Garde-Landst.-Bataillon Wartenburg, welches 6 Kilometer westlich Shitomir mit ukrainischen Banditen, die im Schlitten nachfuhren, ein Gefecht zu bestehen hatte (1 Offizier tot, mehrere Verwundete).
In 8 Tagesmärschen von durchschnittlich 21 Kilometer marschierten die 4 Detache-ments, abwechselnd die Nachhut übernehmend, unbelästigt über Nowograd-Wolynsk, das infolge der Tüchtigkeit der dortigen Soldatenräte vorher rücksichtslos geräumt wor-den war, bis in die Gegend von Rowno (21. Dezember).
Auch Rowno befand sich seit 17. Dezember in der Hand der Petljuristen, die die deut-schen Etappentruppen hinausgedrängt hatten (bayrische Kavallerie-Division). Sie be-saßen im Gefühl ihrer Unterlegenheit gegenüber den 4 bewaffneten Kolonnen noch die Frechheit zu erklären, daß „sie einen Vorbeimarsch an Rowno nicht stören würden, wenn Rowno nicht betreten würde“. Die Vorhut brach einen feindlichen Widerstand vor Rowno mit einigen Artillerieschüssen und Maschinengewehrfeuer.
Statt ein paar Artilleriesalven von der Höhe in dieses Räubernest hinunterzuschicken und das Gesindel Reißaus nehmen zu lassen, wurden nur Batterien bereitgestellt. Die Rownoer Besatzung (etwa 250 – 300 Mann) knallte ohne Unterbrechung, ohne jedoch auf die Kolonnen zu zielen. Es waren wohl Freudenschüsse! 4 deutsche Detachements marschierten friedlich und zaghaft um Rowno herum. Wie viel besser wäre es gewesen, die deutschen Truppen wären angegriffen worden und hätten den Rest ihrer früheren Tatkraft vor dem Verlassen ukrainischen Bodens noch zeigen können! Dann hätte ver-mutlich auch die Bahn nach Holoby ausgenützt werden können. In schlechten Quar-tieren wurde am 22. Dezember ein Rasttag verbracht (in Obarow).
Am 23. Dezember wurde der Weitermarsch über Olyka (24. Dezember) – Palcza (26. – 28. Dezember; 3 Ruhetage wegen Überfüllung der Quartiere in Luzk) – Luzk (30. Dez-ember, Rasttag) – Holoby (1. Januar 1919) nach Kowel angetreten, das am 2. bezw. 3. Januar erreicht wurde. (In den Ortschaften vor Kowel herrschten teilweise Flecktyphus und andere ansteckende Krankheiten.) In Palcza trat die erste größere Indisziplin da-durch ein, daß der Soldatenrat der 2. Kompagnie einen Bataillonsbefehl einfach aufhob. Eine rote Fahne, allerdings in kleinem Format, aber die einzige, die beim Bataillon je aufgepflanzt wurde, sollte seine Kühnheit, die fern vom Feind jetzt zum Ausbruch kam, bezeugen. In Luzk liefen viele Ukrainer mit deutschen Gewehren herum und betrunkene Deutsche mit Russenmützen. Von Luzk aus bestand das Detachement Salzmann aus 1. Schwadron Ul. 8, 5. Batterie Feldart.-Reg. 219, I. und ½ III. Landst.-Inf.-Reg. 13, ½ II. Landw.-Inf.-Reg. 34. In der Neujahrsnacht gefielen sich die Deutschen und die Ukrainer in blöden Schießereien.
Wenn auch die Marschstraße vielfach glatt oder durch die an mehreren Tagen herrschen-den Schneestürme verschneit war oder durch Unebenheit des Geländes manches Stok-kung in den Kolonnen hervorrief, so war sie doch bis auf eine Strecke gut gangbar. Schlimmer stand es um die Seitenwege zu den als Unterkunft dienenden Ortschaften, die meistens sehr schlecht waren. Die Quartiere waren fast durchweg eng, schmutzig und voll Ungeziefer, meistens Läusen.“

aus: „Das 1. Württ. Landsturm-Infanterie.-Regiment Nr. 13 im Weltkrieg 1915–1918“, Stuttgart 1920

Josef Allgaier erkrankte auf dem Marsch am 1. Januar 1919 und verstarb zwei Tage später im Lazarett in Kowel.

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